Blindenhunde im Fokus: Alles, was Sie über die Helfer an der Leine wissen sollten
Sie gehen durch den Park, genießen die Sonne und beobachten die Menschen um Sie herum. Ihnen fällt eine Person auf, die von einem Hund begleitet wird – einem Blindenhund. Sie sehen, wie der Hund aufmerksam neben seinem Besitzer läuft, stets bereit, auf Hindernisse zu achten und den sicheren Weg zu weisen. Ihre Verbindung ist beeindruckend, fast unsichtbar, aber stark. Sie fragen sich: Wie funktioniert das eigentlich? Was ist zu beachten, wenn man einen Blindenhund bei der Arbeit sieht? Und wie wird ein Hund zu solch einem wertvollen Begleiter ausgebildet? Genau diese und noch mehr Fragen beantworten wir in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis:
Wie erkenne ich einen Blindenhund?
Ein Blindenhund ist an seinem weißen Führgeschirr leicht zu erkennen. Auch seine konzentrierte und fokussierte Haltung gibt Aufschluss darüber, dass es sich um einen Blindenhund handelt. Wenn der Hund bei der Arbeit ist, lässt er sich eigenständig nicht ablenken, er konzentriert sich voll darauf, die blinde oder sehbehinderte Person sicher zu führen.
Wenn Sie nun also eine Person sehen, bei der ein fokussierter Hund mit einem Führgeschirr ist, wissen Sie nun, dass es sich hierbei um einen Blindenhund handelt.
Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Blindenhund sehe?
Als Passant:
Wenn Sie einen Blindenhund sehen, haben Sie womöglich das Bedürfnis den Hund, wie einen ganz normalen Hund zu streicheln oder anzusprechen. Dies sollten Sie allerdings unter allen Umständen unterlassen!
- Ist der Hund bei der Arbeit, darf er nicht abgelenkt werden.
- Würden Sie den Hund ablenken, verliert er seine Konzentration und kann die blinde oder sehbehinderte Person nicht optimal führen.

Als Hundehalter:
Wenn Sie mit Ihrem Hund eine Person mit Blindenführhund sehen, möchte Ihr Hund womöglich Kontakt zu seinem Artgenossen aufnehmen und mit diesem spielen.
- Vermeiden Sie in jedem Fall Hundekontakt! Nehmen Sie Ihren Hund am besten an die Leine, sodass er nicht zum Blindenhund laufen und diesen irritieren kann.
- Halten Sie etwas Abstand und geben Sie Blindenführhund und seinem Besitzer etwas Raum.
Alternativ können Sie auch den Besitzer des Blindenhundes fragen, ob Ihr Vierbeiner sich nähern darf.
Wie unterscheidet der Blindenhund, wann er arbeitet und wann er frei hat?
Durch das Führgeschirr kann der Hund unterscheiden, ob er gerade arbeiten soll oder ob er seine Freizeit genießen darf.
Ist das Geschirr abgenommen, darf der Hund gestreichelt werden, allerdings natürlich nur mit der Erlaubnis des Besitzers. Ohne das Geschirr ist der Hund ein Hund wie jeder andere auch.

Den Tag über sollte der Führhund mindestens zwischen 1 und 1,5 Stunden ganz Hund sein dürfen. Auch sind ausreichende Ruhezeiten zur Verarbeitung der Eindrücke und Regeneration äußerst wichtig.
Wie wird ein Blindenhund ausgebildet?
In Deutschland wird üblicherweise ein zweistufiges Modell praktiziert.
Stufe 1:
Die Welpen, die einen Wesenstest bestanden haben, kommen in ihrem ersten Lebensjahr zu einer Patenfamilie. Hier werden die Hunde für etwa ein Jahr sozialisiert und lernen auf spielerische Art und Weise mit unterschiedlichen Untergründen, Begebenheiten und Situationen umzugehen. So lernen Sie zum Beispiel auf Asphalt, Sand oder Gras um Hindernisse zu laufen und werden an Geräusche, Autos und Menschenmengen herangeführt.

Stufe 2:
Sobald sie die psychischen und gesundheitlichen Tests bestanden haben, beginnt das eigentliche Training in der Führhundschule. Hier ist die Dauer des Trainings individuell, da jeder Hund unterschiedlich lang zum Erlernen der etwa 70 Kommandos und Verhaltensweisen braucht. Zum Vergleich, Lawinenhunde beherrschen zwischen 20 und 50 Kommandos. Man kann aber sagen, dass die Ausbildung spätestens nach dem zweiten Lebensjahr vorüber ist.
Wie schützt der Blindenhund seinen Besitzer?
Blindenhunde werden darauf trainiert, dass sie eigenständig möglichen Hindernissen ausweichen, so führen sie die blinde oder sehbehinderte Person vorbei an Straßenschildern, Bordsteinen oder geparkten Autos. Sie achten auch auf Hindernisse, die auf Kopfhöhe des Besitzers sind. Wenn eine Gefahr auftaucht, bleibt der Blindenhund eigenständig stehen.
Dies passiert auch, wenn der Besitzer ein Kommando gibt und der Hund dieses aufgrund der Gefahr nicht ausführen kann, dies nennt man intelligenten Ungehorsam. Wenn der Besitzer also ein Kommando zur Straßenüberquerung gibt, obwohl Autos vorbeifahren und somit den Weg unsicher machen, verweigert der Hund zum Schutz des Besitzers den Befehl.
Farben kann ein Hund übrigens nicht sehen, bei einer Ampel beispielsweise gibt daher der Mensch die Anweisung zum Überqueren.
Wie wählt man einen Blindenhund aus, und wer übernimmt die Kosten für die Ausbildung und Pflege?
Die Hunde werden nach den Bedürfnissen des zukünftigen Besitzers ausgewählt. Der Besitzer muss vorab einige Tests absolvieren. Es wird geprüft, ob der Anwerber nach einem Sehtest Anspruch auf einen Blindenhund hat. Auch wird die körperliche Verfassunggecheckt. Ebenso wird der Lebensstil des Anwerbers geprüft und ob genug Platz für den Hund verfügbar wäre. Wenn ein Hund nach seiner Ausbildung im Alter von etwa zwei Jahren zu einem Besitzer kommt, erhalten Hund und Besitzer ein gemeinsames Mobilitätstraining mit einer Prüfung als Abschluss. So kann man sehen, ob Hund und Mensch miteinander gut klarkommen und ein gutes Gespann bilden. Jedes Jahr werden Hund und Besitzer einmal von Trainern besucht, um zu schauen, ob alles noch gut funktioniert.
Die Kosten für die Ausbildung eines Blindenhundes betragen in der Regel zwischen 20.000 und 30.000 Euro, sie können aber auch bis zu 45.000 Euro betragen. Nach eigenen Angaben werden die Ausbildungskosten für den Hund von der Krankenkasse übernommen. Zusätzlich bekommt man monatlich eine bestimmte Pauschale, die für beispielsweise Futter oder Pflege verwendet wird. Aktuell beträgt die Pauschale 210,19 Euro monatlich, diese wird aber jedes Jahr neu festgesetzt.
Möchte man einen Blindenhund, muss man sich eine ärztliche Verordnung ausstellen und von einer Blindenführhundschule beraten lassen. Nachdem man von der Schule einen Kostenvoranschlag bekommen hat, reicht man diesen zusammen mit der Verordnung bei der Krankenkasse ein.
Dann muss man allerdings warten, die durchschnittliche Wartedauer beträgt etwa zwei Jahre. Diese kann aber auch länger dauern.
Kann jeder Hund ein Blindenhund werden?

Manche Hunderassen eignen sich mehr, manche weniger. Am wichtigsten sind die Charaktereigenschaften:
Der Hund muss nervenstark sein und über ein kluges und ruhiges Wesen verfügen, er sollte sich nicht vom Straßenverkehr oder Menschen ablenken lassen. Der Hund muss schnell vertrauen aufbauen können und sollte friedfertig und im Allgemeinen menschenbezogen sein.
Häufig werden mittelgroße bis große Hunde als Führhunde genommen, eine Größe von 50 bis 65 Zentimeter sollte das Tier am besten erreichen.
Deutsche Schäferhunde, Labrador- und Golden Retriever eignen sich besonders gut als Blindenhunde. Diese Rassen sind in der Welt als Blindenführhunde sehr verbreitet. Der erste Hund, der als Blindenhund ausgebildet wurde, war allerdings ein kleiner Spitz, der 1788 von seinem blinden Besitzer Josef Reisinger selbst ausgebildet wurde.
Was passiert, wenn ein Blindenhund in Rente geht?
Nach etwa 7 bis 10 Jahren gehen Blindenhunde in Rente. Die blinde oder sehbehinderte Person bekommt dann einen jüngeren Führhund. Ist der Hund in Rente, kann er beim Halter, der Familie des Halters oder dem Bekanntenkreis des Halters bleiben. Sollte dies nicht möglich sein, wird eine geeignete Person für den Hund gesucht. Für die Person, zu der der Hund kommen soll, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein:
Wenn eine Person einen pensionierten Blindenhund aufnehmen möchte, muss sich diese Person in eine Warteliste der Führhundschule eintragen.
Die Wohnsituation muss dem Gesundheitszustand des Hundes berücksichtigen, auch muss für die Körper- und Gesundheitspflege gesorgt werden.
Natürlich muss auch eine Bewilligung des Haus- oder Wohnungseigentümers vorliegen.
Zudem muss die Person mindestens 50 % der Zeit für den Hund verfügbar sein.
Haben Blindenhunde Zugang zu öffentlichen Orten?
An manchen Orten, wie beispielsweise in Arztpraxen oder Lebensmittelgeschäften, gibt es häufig die Regelung, dass Hunde keinen Zugang haben. Dies hat auch seinen Grund:
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verfügt, dass Unternehmer darauf achten müssen, dass Hunde keinen Zugang zu Räumen, in denen Lebensmittel gelagert, behandelt oder zubereitet werden, haben. Allerdings gelten bei Führhunden Ausnahmen:
Im Behindertengleichstellungsgesetz in Paragraph 12e Absatz 1 ist geregelt, dass Blindenhunden der Zutritt nicht verweigert werden darf. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln darf ein Blindenhund im Übrigen auch kostenlos mitfahren.
Der Hund zählt in diesem Fall nicht als Haustier, sondern als Hilfsmittel, auf das der Besitzer angewiesen ist (§33 SGB V).
Müssen Blinde die Hundehaufen ihres Blindenhundes entfernen?
Allgemein gibt es kein bundesweites Gesetz zur Entfernung von Hundehaufen. Allerdings ist in eigentlich jedem kommunalen Gesetz festgelegt, dass Hundehalter die Hinterlassenschaften ihres Hundes beseitigen müssen, wenn dies nicht getan wird, zählt das als Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Eine bundesweite Ausnahmeregelung für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es hier nicht, und das beim Bürokratieweltmeister Deutschland, wo es gefühlt sogar Regeln für die Regeln gibt.
Allerdings gibt es in mehreren Bundesländern eine Ausnahmeregelung. Selbst, wenn es rein rechtlich keine Ausnahme für Blindenführhunde gibt, wird eine Bestrafung dieser Ordnungswidrigkeit in der Realität oft als unverhältnismäßig angesehen und nicht vollstreckt.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in Kürze
• Blindenhunde tragen ein spezielles Führgeschirr und haben eine konzentrierte Haltung, woran sie erkannt werden können.
• Man sollte Blindenhunde bei der Arbeit nicht ablenken oder streicheln. Wenn man selbst einen Hund dabei hat, sollte dieser an die Leine genommen werden und Abstand halten.
• Die Hunde erkennen durch das Geschirr, ob sie arbeiten oder frei haben.
• Die Ausbildung eines Blindenführhundes dauert bis zu zwei Jahren und umfasst etwa 70 Kommandos.
• Blindenhunde weichen eigenständig Hindernissen aus und stoppen bei Gefahren.
• Die Ausbildung kostet 20.000 bis 45.000 Euro, die Krankenkasse übernimmt diese nach eigenen Angaben.
• Blindenhunde müssen klug, friedlich, nervenstark und menschenbezogen sein. Oft werden mittelgroße bis große Tiere als Blindenhunde genommen, beispielsweise Labrador- und Golden Retriver.
• Nach 7-10 Jahren gehen Blindenhunde in Rente, sie können beim Besitzer oder einer nahestehenden Person bleiben, alternativ wird eine passende Person für den Hund gesucht.
• Blindenhunde haben durch eine gesetzliche Ausnahme Zugang zu öffentlichen Orten.
• Bundesweit gibt es keine Ausnahme zur Entfernungspflicht des Hundehaufens von Blindenhunden, allerdings in einigen Bundesländern schon, insgesamt wird eine Bestrafung für Blinde und Sehbehinderte oft als unverhältnismäßig angesehen.